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"Wir sind geboren worden unter der Bedingung,
daß wir das sein sollen, was wir sein wollen."
Giovanni Pico della Mirandola, Über die Würde des Menschen,
Stuttgart 2009, S. 13

 


KURZPORTRÄTS

19 Philosophen und Philosophinnen im Kurzporträt

Thales von Milet
• Sokrates
• Aristipp
• Diogenes von Sinope
• Platon
• Aristoteles
• Epikur
• Aurelius Augustinus
• René Descartes
• Baruch de Spinoza
• Immanuel Kant
• Karl Marx
• Sören Kierkegaard
Arthur Schopenhauer
Friedrich Nietzsche
Lou Andreas-Salomé
Günther Anders
Hannah Arendt
Simone de Beauvoir



Thales von Milet (ca. 624–546 v. Chr.)

der erste Philosoph
Thales ist als,erster Philosoph’ in die Philosophiegeschichte eingegangen.
Er steht für die Wende vom mythischen Weltbild zur logisch-vernünftigen Weltinterpretation. Da es lediglich Fragmente von ihm gibt, gilt nur als sicher, dass er das Wasser als den Urstoff ansetzte.
Er dürfte ein vielseitiger Mensch gewesen sein, hat die Sonnenfinsternis von 585 v. Chr. richtig vorausgesagt, war Mathematiker und Astronom; er dürfte auch kaufmännisch und politisch tätig gewesen sein.
Thales ist vor allem berühmt durch die Anekdote, wonach er, fasziniert von den Sternen, gen Himmel blickend in einen Brunnen fiel – sodann wird er gleich ausgelacht. Seither hält sich hartnäckig das Vorurteil, dass Philosophen weltfremd seien.


Sokrates (470 – 399 v. Chr.)

verhängnisvolle Gesprächskunst

Er ist das Urbild des Philosophen, eine schillernde Gestalt zur Blütezeit im antiken Griechenland. Da Sokrates aber nichts Schriftliches hinterlassen hat, sind wir auf die Berichte anderer, vor allem seines Schülers und vermutlich größten Fans, Platon, angewiesen.
Sokrates liebte es Passanten am Marktplatz anzusprechen, sie in Gespräche zu verwickeln und ihnen Schritt für Schritt ihr Nichtwissen aufzuzeigen. Und so erfüllte sich auch der Spruch des Orakels von Delphi, welches weissagte, dass Sokrates der weiseste Mensch sei. Sokrates aber sagte: „Ich weiß, dass ich nichts weiß“, und letztlich stimmt es wieder. Die anderen glauben etwas zu wissen, wissen aber bei näherer Betrachtung nichts – Sokrates weiß um sein Nichtwissen und ist deshalb fürwahr der Weiseste.
Er gilt als ,geistiger Geburtshelfer’. Durch seine Fragetechnik, die sokratische Methode (Mäeutik) hilft er, die Wahrheiten, die in uns schlummern, hervorzubringen. Er war auch überzeugt, dass Tugend lehrbar ist – die Gespräche also einen Sinn haben.
Ein derart hinterfragender Mensch wurde aber den Mächtigen unangenehm, und so wurde er wegen Gottlosigkeit und Jugendverführung angeklagt und zum Tode verurteilt. Sokrates wird so zum philosophischen Märtyrer und bringt in seiner Verteidigungsrede noch einmal seine hehre, dem Gewissen verpflichtete Haltung zum Ausdruck.


Aristipp (435–366 v. Chr.)

der Lust betonte
Der Vater des Hedonismus – jener Lehre, die besagt, dass es im Leben einzig um die Lust geht (griechisch: hedone = Lust).
Er sticht insofern unter den Philosophen hervor, als sonst fast alle anderen zu dem Schluss kommen, dass das Geistige, das Denken, Reflektieren und Philosophieren dem Wesen des Menschen entspricht, ja ihn zur Vollkommenheit führt. Alles Körperliche gilt demnach als problematisch bis verwerflich.
Nicht so bei Aristipp: Ihm geht es um eine besonnene Befriedigung der körperlichen Lust.
„Herr der Lust ist nicht, wer sich ihrer enthält, sondern wer sich ihrer zu bedienen weiß, ohne sich von ihr fortreißen zu lassen.“


Diogenes von Sinope (ca. 400–323 v. Chr.)

der Provokateur
Eine der populärsten Gestalten der antiken Philosophie. Er zählt zu den Kynikern (gr.: kyon = Hund) und war auch sehr zynisch und bissig.
Das Ideal der Kyniker war die Bedürfnislosigkeit, der Verzicht auf die materiellen Dinge. Das Fass, in dem er hauste, war vermutlich kein Fass, sondern eine geräumige Amphore.
Er war der Provokateur par excellence und wollte mit seinen Provokationen die Mitmenschen zum Nachdenken anregen.
Er verwendete angeblich auch als Erster das Wort ,cosmopolites’ (Weltbürger). Auf die Frage, woher er stamme, antwortete er, er sei Kosmopolit – Bürger der Welt. Dadurch wollte er sich in seiner gewohnt zynisch–polemischen Art über die engstirnig-kleinräumigen Streitereien der griechischen Stadtstaaten erheben und sein Desinteresse am politischen Alltag bekunden. Die Kyniker stellten überhaupt alle Traditionen und althergebrachten Werte stark in Frage.
Als angeblich einmal Alexander der Große auf Diogenes traf und ihm einen Wunsch erfüllen wollte, soll Diogenes geantwortet haben:
„Geh mir aus der Sonne!“


Platon (427–347 v. Chr.)

der Vergeistigte

Es gibt die Sichtweise, dass die ganze Philosophiegeschichte nur aus Fußnoten zu Platon bestehe. Er ist der erste antike Philosoph von dem ein umfangreiches Werk besteht – und dieses wurde enorm wirkmächtig.
Platon war Schüler von Sokrates. Er lässt dann auch meist in seinen Dialogen Sokrates als Wortführer auftreten.
Platon gilt als Vater des philosophischen Idealismus, welcher besagt, dass das Geistige den Vorrang hat – alles Körperliche ist sekundär. Eine Lehre, die dann, vor allem vermittelt über Augustinus, für das Christentum und somit für unseren Kulturraum ausschlaggebend wird. Platon ist von der Unsterblichkeit der Seele überzeugt.
Im berühmten ,Höhlengleichnis’ beschreibt er den Aufstieg des Philosophen zum Lichte der Erkenntnis. Um zum Wahren, Guten und Schönen zu gelangen, gilt es das Körperliche um des Geistigen willen zu verlassen. Nur die Idee ist ewig, alles Materielle ist vergänglich. Es gibt eine Differenz zwischen Schein und Sein, zwischen Wahrnehmen und Wahrheit. Das Sinnliche täuscht uns allzu oft.
In seiner politischen Philosophie tritt er – gegen die Demokratie – für einen Staat ein, der an der Spitze Philosophenherrscher vorsieht. Die Wahrheit richtet sich nicht nach Mehrheitsverhältnissen, einzig der Weise solle den Staat lenken. Platons Versuch, jenen Staat beim Tyrannen von Syrakus zu etablieren, ist aber gescheitert.


Aristoteles (384–322 v. Chr.)

der Mann der Mitte
Der Platonschüler schlägt eine realistischere und weniger idealistische Sicht der Dinge vor.
Er gilt als Vater der Logik, verfasst naturwissenschaftlich-physikalische Schriften (er dürfte auch – neben seiner umfangreichen Bibliothek – eine große Pflanzen- und Tiersammlung besessen haben), beschäftigt sich mit Ethik und Politik und denkt auch über die Poetik nach.
Er sieht im Glück (griechisch: ‚eudaimonia’) das Ziel menschlichen Handelns und Seins. Der Königsweg dahin führt für Aristoteles über das kontemplative, das beschauliche Leben.
Bekannt ist Aristoteles auch für seine Lehre von der goldenen Mitte. Das Gute liegt dabei immer in der Mitte zwischen den Extremen. Weder Wollust noch Stumpfheit, nein, die Mäßigung sieht er als Ideal und Tugend.


Epikur (341–271 v. Chr.)

Trost durch Philosophie
Epikur sieht in der Philosophie einen zutiefst praktischen Nutzen. Er beschwört eine Lebenskunst, die ihre Aktualität nie einbüßt.
Ziel ist es körperlich frei von Schmerz zu sein, und dann sollte man die ,Ataraxie’, die Seelenruhe, die Unerschütterlichkeit des Gemüts erlangen. Dieser Begriff findet in der stoischen Ruhe seinen Niederschlag.
Daher zog er sich mit Anhängern zurück, lebte außerhalb Athens und philosophierte im berühmten Garten des Epikur. Er lebte autark und bescheiden mit seinen Freunden. Denn schließlich ist es wichtiger mit wem man isst, als was man isst! Die geistige Lust, das Philosophieren und Gespräche mit FreundInnen sind bedeutender als materieller Besitz.


Aurelius Augustinus (354–430 n. Chr.)

unruhig ist unser Herz ...
Im beginnenden Mittelalter geht es vor allem um die Gotteserkenntnis. Die Philosophie wird als Hilfswissenschaft gesehen.
Augustinus gibt in seinen ,Confessiones’ tiefe Einblicke in sein ehemals liederliches Leben. Damals dachte er noch: ,Gib mir Keuschheit und Enthaltsamkeit, aber bitte nicht sofort!’ Er wandelt sich schließlich, wird dann Bischof und gilt heute als bedeutender Kirchenvater für die Katholische Kirche. Das platonische Erbe wird dabei wirksam.
Philosophisch interessant sind seine Gedanken über die Zeit. Vor der Schöpfung war Ewigkeit, mit dem Akt der Schöpfung ist auch die Zeit entstanden. Gott schuf alles – auch die Zeit. So gesehen kann Augustinus als der Erste gesehen werden, der Ewigkeit nicht als unendliche Zeitdauer betrachtet. Für Augustinuns ist Ewigkeit das Außerhalb-von-Zeit-Sein. Ewigkeit ist das Zeitlose. Diese Dimension existiert dann einfach nicht mehr. Eine tröstliche Vorstellung.


RenÉ Descartes (1596–1650)

ich denke, also bin ich
Descartes gilt als Vater der modernen Philosophie und des neuzeitlichen Rationalismus – ja des wissenschaftlichen Denkens überhaupt.
Der Urtugend alles Philosophischen getreu zweifelt Descartes in seinem berühmten Gedankenexperiment alles an. Es könnte sogar sein, dass uns ein ‚deus malignus’, ein böser Gott alles vorgaukelt, ein böses Spiel mit uns spielt. Die Sinne sind ohnehin leicht zu täuschen, vielleicht ist alles nur Lug und Trug. Was bleibt da noch übrig?
Über eines kann ich nicht getäuscht werden, dass ich jemand bin, der getäuscht werden kann. Denn dass ich getäuscht werden kann, muss ich mich als einen zu Täuschenden voraussetzen. Dieser Gedanke ist nicht hintergehbar / bezweifelbar. Der Akt des Zweifelns ist die einzig unbezweifelbare Gewissheit.
Ich zweifle, also bin ich – ich kann getäuscht werden, also bin ich – ich weiß zwar nichts, aber ich weiß, dass ich nichts weiß – oder: Ich denke, also bin ich. Hier ist man beim berühmten ,cogito ergo sum’ angelangt.
Es bleibt das Ich, das sich als Denkendes weiß. Descartes steht damit auch für das Prinzip der Subjektivität.
Das cartesische Denken ist von einem grundlegenden Dualismus geprägt. Es gibt für Descartes zwei Substanzen / Dimensionen: res extensa (die ausgedehnte Sache / die Materie) und res cogitans (die denkende Sache).
Seither gibt es philosophisch verbürgt Körper und Geist – Materie und Bewusstsein.


Baruch de Spinoza (1632–1677)

der freiheitsliebende Rationalist
Spinoza war ein Zurückgezogener und Verbannter. Um seine Gedankenfreiheit bewahren zu können, zog er es vor, optische Linsen zu schleifen, als sich an einer Universität von der Obrigkeit zensurieren zu lassen. Seine Maxime war auch: Sei vorsichtig!
Spinoza setzte Gott und Natur gleich. Dies brachte ihm die Etikettierung ,Pantheist’ (Pantheismus = Allgottlehre; alles ist Gott) ein – ein Frevel sondergleichen im 17. Jahrhundert.
Er war auf der Suche nach dem neutralen Standpunkt schlechthin. Ziel war es für ihn, die Dinge ,sub specie aeternitatis’ (vom Standpunkt der Ewigkeit aus) zu betrachten – das ist Philosophie.
Besonders interessant ist es, wenn sich ein Rationalist mit der Gefühlswelt auseinandersetzt. Dementsprechend nüchtern und unromantisch ist Spinozas Definition von Liebe:
„Nämlich Liebe ist nichts anderes als Lust, verbunden mit der Idee einer äußeren Ursache (...).“


Immanuel Kant (1724–1804)

der ordentliche Aufklärer
Kant ist der Denker der Aufklärung schlechthin. Er definiert sodann auch Aufklärung als „Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“. Kant liefert auch den Wahlspruch zur Aufklärung: „Sapere aude! Habe Mut dich deines eigenen Verstandes zu bedienen.“
Kant selbst spricht, was die Erkenntnistheorie betrifft, von einer ,kopernikanischen Wende’. Ihn beschäftigen die Grenzen der Erkenntnis. Wir prägen der ,Realität’ unser Bild auf – gleich einer rosa oder grauen Brille, die wir aufgesetzt haben. Nicht wie die Wirklichkeit wirklich ist, können wir erfahren, sondern immer nur wie sie uns aufgrund unserer ,Erkenntnisorgane’ erscheint – das ist die Welt für uns.
Er ,postuliert’ weiters die Unsterblichkeit der Seele, die prinzipielle Freiheit des Menschen und die Existenz Gottes. Diese Dinge sind streng genommen nicht beweisbar.
Auf dem Gebiet der Ethik formuliert Kant den ,kategorischen Imperativ’:
„Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“
Dies ist das Ideal von Kant. Ähnlich der ,Goldenen Regel’ (,Was du nicht willst, dass man dir tu’ ...’) verlangt der kategorische Imperativ ein Nachdenken und Überprüfen der Handlungen. Wir sollen, so fordert dieses lediglich formale Gesetz, vernünftig handeln und unser Handeln verallgemeinern können. Wir sollen eben nicht nach Lust, Glück, Macht oder irgendeinem (äußerlichen) Nutzen streben. Die Handlung an sich soll gut sein.


Karl Marx (1818–1883)

der praktische Materialist, der letztlich doch Theoretiker blieb
Wie bei keinem anderen schwingt beim Namen Marx das Politische mit.
Er war Materialist in dem Sinne, dass er meinte, die gesellschaftlichen Bedingungen und Umstände bringen alles andere (Kultur, Religion ...) hervor. Die Geschichte ist durch Klassenkämpfe gekennzeichnet. Alles entwickelt sich durch die Kraft und die Spannungen von Gegensätzen, d.h. dialektisch. Und die Spannungen zwischen Proletariat und Bourgeoisie müssten endlich in eine klassenlose Gesellschaft münden.
Er entlarvte die Religion als Opium des Volks und setzte auf den gesellschaftlichen Wandel. Marx selbst blieb aber Theoretiker und Intellektueller: Sein Hauptwerk trägt den Titel ,Das Kapital’ und nicht ,Die Revolution’.


SÖren Kierkegaard (1813–1855)

die einzelne Existenz
Kierkegaard ist der Vater der Existenzphilosophie im 20. Jahrhundert. Wie kein anderer rückt er den Einzelnen ins Zentrum. Seine Werke sind literarisch, philosophisch und polemisch.
Der Mensch ist immer vor die Wahl gestellt. So heißt auch ein Hauptwerk ,Entweder - Oder’. Angst und Verzweiflung sind ständige Begleiter des reflektierenden Menschen. Wir müssen uns aber schließlich entscheiden: zwischen einem lustvoll-ästhetischen Leben, einer ethischen Existenz, oder wir wagen letztlich den Sprung in den Glauben. Letzteres, das religiöse Stadium, ist für Kierkegaard die höchste Existenzform.
Am Ende seines rastlosen und kurzen Lebens wird Kierkegaard dann vor allem gegen die ihm zu laue und halbherzige dänische Kirche kämpfen.
Er analysiert zutiefst menschliche Grundbefindlichkeiten. Unser Selbst, so Kierkegaard „ist ein Verhältnis, das sich zu sich selbst verhält“. Wir sind demnach nie ganz bei uns, wir sind keine Einheit, wir sind also ständig auf der Suche. Und kein Therapeut bzw. keine Therapeutin kann uns zu uns selbst bringen. Das ist die menschliche Bedingung schlechthin.


Arthur Schopenhauer (1788–1860)

ein Pessimist mit heilender Wirkung
Schopenhauer ist der Pessimist und Misanthrop in der Philosophie. Für ihn ist das Leben ein Pensum, das es abzuarbeiten gilt. An der Universität ist er dem Rivalen Hegel unterlegen. Mit den Frauen klappte es auch nicht. Auf seinen Europareisen sah er das Leid vieler Menschen. Schopenhauer beschäftigte sich mit indischen und buddhistischen Texten und fand darin eine ähnliche Grundhaltung.: Leben ist Leiden.
Am Ende seines Lebens wurde Schopenhauer aber dennoch berühmt.
Er meint, die Welt sei vom ,Willen’ getrieben. Dieser Wille ist eine Art Lebenstrieb, ein Urantrieb, der die ganze Welt am Werden hält – also nicht der persönliche Wille jedes Einzelnen. Hier nimmt er Freud vorweg, der ebenso das Irrationale, Triebhafte ins Zentrum rückt. In Wahrheit sind wir nicht so vernünftig und frei wie wir meinen. Der Wille, der Trieb, der Leib bestimmen, wo es lang geht. Ganz besonders gilt dies bei der Liebe zwischen Frau und Mann. Schopenhauer spricht von der ,Metaphysik der Geschlechtsliebe’. Er entzaubert die romantische Liebe und liegt hiermit ganz nahe an den Theorien und Fakten der modernen Evolutionsbiologie, welche den Menschen ebenso als ein Auf-Überleben-programmiertes-Wesen sieht, das von diversen Hormonen gesteuert wird.
Der Wille ist das Gesetz des Daseins schlechthin. Und diesen Willen gilt es zu verneinen. Hier ist Schopenhauer nahe an der indischen bzw. buddhistischen Vorstellung vom Nirvana.
Kunst kann als Beruhigungsmittel dienen und das Leben erträglicher machen. Schopenhauer selbst spielte mit Begeisterung Flöte.
Zum Problem der Freiheit: Schopenhauer meint, dass sich immer nur das stärkste Motiv durchsetzt, ohne dass wir im Innersten die Willensfreiheit besitzen.
Den Menschen sieht Schopenhauer durch den Egoismus bestimmt. Die andere Seite der Medaille ist aber das Mitleid, das unsere Handlungen mitbestimmt.
Hoffentlich verbringen wir unser Leben schmerzfrei und frei von Langeweile. Und ein Tipp speziell für die Jugend: nicht zu viel vom Leben erwarten.
Mit dieser Empfehlung liegt Schopenhauer dann auch wieder im Trend. Das negative Denken kann oft heilsam sein. Wer wenig erwartet vom Leben, kann davon nur positiv überrascht werden.


Friedrich Nietzsche (1844–1900)

der Umwerter mit dem sanften Blick
An Nietzsche scheiden sich wahrlich die Geister. Aber die Stichwörter Frauenfeindlichkeit, Nationalist, Antichrist halten so bei näherem Hinsehen nicht. Sein aphoristischer, prägnanter Stil birgt viele Deutungsmöglichkeiten.
Schon mit 23 Jahren erhält er eine Professur in Basel. Bald legt er diese wegen Krankheit nieder und wird zum Wanderer und Suchenden.
In vielen Bildern beschwört er den Übermenschen. Weniger als Rassenideologe, mehr als geistige Herausforderung, die Nichtigkeit der Welt ohne Gott zu bestehen, die Endlichkeit des Daseins zu akzeptieren. Nietzsche gilt als Lebensphilosoph: Leben will immer nur leben, dessen müssen wir uns bewusst sein. Gläubige, Priester und Idealisten gelten ihm als Giftmischer, die an der Realität des Lebens vorbeischrammen.
Die Kunst brauchen wir, um nicht an der grausamen Realität zugrunde zu gehen. Wir lieben den Schein, weil wir das Leben in seiner Endlichkeit, Zufälligkeit und Erbärmlichkeit nicht aushielten. Wir brauchen Illusionen und den Selbstbetrug.
Er spricht weiters von der ewigen Wiederkehr des Gleichen. Gegen die Fortschrittsparolen im 19. Jahrhundert setzt Nietzsche das Bild des Kreises. Wendet man jene Metapher auf das Ethische an, würde dies bedeuten: Jeder solle seine Handlungen bejahen, zu ihnen stehen – die Handlungen so gestalten, dass man, käme die gleiche Situation wieder, genauso handeln würde.
Nietzsche kritisierte stark das Christentum und die christliche Moral. Nach dem ,Gott ist tot!’ gilt es die Sinnlosigkeit des Daseins zu akzeptieren. Im Gegenzug verherrlichte Nietzsche das Leben und plädierte für die Selbststeigerung: Gott ist tot – es lebe der Mensch.


Lou Andreas-Salomé (1861–1937)

vom Streben nach Freiheit, Einheit und ,Zwei-heit’
Die aus St. Petersburg in Russland stammende Intellektuelle zeichnet ein zutiefst offenes Denken aus. Sie hinterfragt sehr früh Gott und gesellschaftliche Konventionen. Die 19-jährige Lou Salomé studiert in Zürich Theologie, Philosophie und Kunstgeschichte. Damals gab es außer der Schweiz kein anderes deutschsprachiges Land, das Frauen uneingeschränkt den Hochschulzugang gewährte. Aufgrund einer schweren Lungenerkrankung bricht sie das Studium ab. Aus gesundheitlichen Gründen reist sie nach Italien, wo sie den Kreis um die Schriftstellerin Malwida von Meysenbug kennenlernt – ebenso eine selbstständige, unabhängige intellektuelle Frau. Hier trifft Lou Salomé auf Paul Rée und Friedrich Nietzsche. Mit beiden Männern verbindet sie große (intellektuelle) Freundschaft und Seelenverwandtschaft; es gab sogar den Plan des Zusammenziehens in eine Wohngemeinschaft. Den Heiratsantrag von Nietzsche lehnt sie ab. Offenbar machte ihre neugierige, intellektuelle und nach Unabhängigkeit strebende Art Lou Salomé sowohl zur ,Femme fatale’ als auch zur Muse für viele ihrer Zeitgenossen.
Lou Salomé reist viel. Sie wird eine freie Schriftstellerin und schreibt für Zeitungen und Fachzeitschriften. Es erscheinen Romane, Erzählungen und Essays. Sie veröffentlicht eine Studie zu Nietzsches Philosophie.
Freiheit steht in ihrem unkonventionellen Leben an oberster Stelle. Sie heiratet zwar, doch unterhält sie verschiedene Liebesbeziehungen – z. B. mit Rainer Maria Rilke. Sie verfasst die philosophische Abhandlung ,Die Erotik’ (1910), worin sie das Verhältnis von Frau und Mann durchdenkt. Sie beschäftigt sich intensiv mit den Unterschieden und Beziehungsmöglichkeiten von Frau und Mann. Sie ist überzeugt von der Gleichwertigkeit der Geschlechter, sieht jedoch unterschiedliche Verhaltensmuster und Zugänge zum Leben. Die seelische Verfasstheit der Geschlechter ist unterschiedlich. Und Liebe oszilliert zwischen unerfüllter Sehnsucht und tödlicher (die Liebe erstickende) Treue. Zwei werden eins, wenn sie zwei bleiben ...
Das psychologische Interessse führt sie nach Wien zu Sigmund Freud, mit dem sie in regem Briefkontakt bleibt. Sie arbeitet (als eine der ersten Frauen) als Psychoanalytikerin; ihr großes Interesse gilt dem Narzissmus.


Günther Anders (1902–1992)

ein hellsichtiger Mahner im 20. Jahrhundert
Anders ist kein Philosoph im herkömmlichen Sinne. Er war Journalist, Literat, engagierter Zeitgenosse und Mitbegründer der Anti-Atom-Bewegung.
In seinem Hauptwerk ,Die Antiquiertheit des Menschen’ problematisiert er die fortschreitende Technisierung der Welt und die Kurzsichtigkeit des Menschen. Die Diskrepanz zwischen dem Herstellen und dem Vorstellen wird immer eklatanter. Wir entfremden uns immer mehr von unseren Erzeugnissen – die Folgen unseres Tuns sind für uns nicht mehr einschätzbar. ,Die Geister die wir riefen ...’.
Ja letztlich beherrschen uns die Geräte. Anders überzeichnet bewusst in seinen Darstellungen.
Er kritisiert auch unsere schöne bunte Fernsehwelt. Die Welt wird zum Phantom, die Grenzen zwischen Realität und Schein verschwimmen zusehends. Das Fernsehen kann die Wirklichkeit nie einfangen, vielmehr entsteht eine sonderbare Umkehrung. Die Welt muss sich nach dem Fernsehen richten. Alle Bilder sind aufbereitet und bar jeder Wirklichkeit.
Da Anders am Beginn all jener Entwicklungen gestanden ist, hat er einen scharfen und untrüglichen Blick auf die Dinge. Uns fehlt heute oftmals dieser nötige, distanzierte Blick.
Speziell die atomare Bedrohung hat Anders zutiefst beeindruckt. Seit dem 6. August 1945 sind wir auf negative Art und Weise allmächtig geworden. Ein Menschheitstraum ist (perverserweise) Realität geworden. Wir können uns selbst auslöschen. Das hat es in der Geschichte der Menschheit zuvor noch nicht gegeben. Und daher sollten wir uns schon jetzt betrauern, weil es danach niemanden mehr geben wird, der uns betrauern kann.


Hannah Arendt (1906–1975)

über das Mensch-Sein, die Politik und die Banalität des Bösen
Die in Deutschland geborene, assimilierte Jüdin beginnt sich schon bald mit Philosophie zu beschäftigen. In Marburg studiert sie Philosophie, Theologie und Griechisch und begegnet ihrer ersten großen Liebe: Martin Heidegger – charismatischer, verheirateter Philosophieprofessor. Die Studentin Hannah Arendt ist fasziniert vom leidenschaftlichen Denken Heideggers. Später heiratet sie Günther Anders. Sie flieht vor dem NS-Regime nach Paris und geht dann mit ihrem zweiten Ehemann in die Vereinigten Staaten von Amerika.
Sie arbeitet für Zeitungen, wird Lektorin, Geschäftsführerin einer jüdischen Organisation, hält Vorträge und erhält Professuren in Princeton, Chicago, New York. 1953 war sie die erste Frau, die in Princeton Vorlesungen hielt. Sie wurde dort auch die erste Professorin, was in der Presse für Aufsehen sorgte. Arendt wollte sich aber nicht gesondert mit der Frauenfrage beschäftigen. Sie war politische Philosophin und beschäftigte sich vielmehr mit der Judenfrage und den Katastrophen des 20. Jahrhunderts.
1951 erschien ihr Werk ,Origins of Totalitarism’ (dt.: ,Elemente und Ursprünge totalitärer Herrschaft’, 1955). Sie analysiert darin Antisemitismus, Imperialismus, Faschismus und Stalinismus als geschichtlich neue Formen politischer Unterdrückung. Sehr umstritten ist ihre These von der strukturellen Gleichheit von Faschismus und Stalinismus. Im Nationalsozialismus als auch im Stalinismus kommt es zu totaler Herrschaft; beides sind Massenbewegungen. Darf man die beiden Systeme vergleichen?
Irritationen brachte auch ihr Buch ,Eichmann in Jerusalem’ (1963; dt. 1965). Sie war Berichterstatterin für eine Zeitung beim Eichmann-Prozess in Jerusalem. Der Nationalsozialist Eichmann war der Organisator der Judentransporte in die Vernichtungslager. Eichmann wurde zum Tode verurteilt und hingerichtet. Für Arendt vermittelte Eichmann eher den Bürokraten, der seine Pflicht erfüllte, um vielleicht dann Karriere zu machen, als den mit Naziideologie erfüllten Teufel. Arendt sprach von der ‚Banalität des Bösen’ im Zusammenhang mit Eichmann. In totalen Herrschaften können offenbar ‚normale’ Menschen die größten Verbrechen begehen ...


Simone de Beauvoir (1908–1986)

die freie Frau
Sie wächst behütet in großbürgerlichen Verhältnissen in Paris auf. Ihr stehen somit alle Bildungsmöglichkeiten offen. Sie schließt ihr Philosophiestudium 1929 ab und arbeitet einige Jahre als Philosophielehrerin. Danach ist sie Schriftstellerin. Zu Studienzeiten lernt sie Jean-Paul Sartre kennen, mit dem sie zeitlebens liiert ist. Dem existenzialistischen Denken folgend wird eine ,freie’ Form des Zusammenlebens gewählt. Die Lebensgefährtin von Sartre wird selbst zu einer wichtigen Repräsentantin des französischen Existenzialismus.
Beauvoir bricht früh mit den gutbürgerlichen und traditionellen Werten: Glaube, Ehe, Familie, Mutterschaft samt entsprechendem Frauenbild werden hinterfragt bzw. abgelehnt. Der Freiheitsbegriff ist für sie zentral. Und Philosophie soll und muss dabei immer mit Lebenserfahrung verbunden sein. Der Mensch muss sich selbst entwerfen, jeden Tag neu.
In ihrem Werk ,Le deuxième sexe’ (1949, dt. ,Das andere Geschlecht’ 1951) thematisiert sie das Verhältnis von Frau und Mann bzw. die Unterdrückung der Frau. Frauen werden immer nur relativ gesehen – das Absolute ist immer der Mann. Der Mann ist das Subjekt, die Frau nur das Andere. Diese ,Schieflage’ gilt es aufzuheben. Die traditionellen Muster dürfen nicht hingenommen werden. Denn: ,Man kommt nicht als Frau zur Welt, man wird es.’
Paradoxerweise wird das Werk von Beauvoir meist im Zusammenhang mit Sartre und Sartres Denken genannt; Sartres Eigenständigkeit wird nicht angezweifelt. Beauvoir widmet ihre letzten Jahre dem Werk und dem Andenken an Sartre. In gewisser Weise scheint sich an ihr zu erfüllen, was sie kritisierte: Beauvoir als das ,Andere’ zum Subjekt Sartre.

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